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Ein Photo und seine Geschichte

Hallo aus einem frühlingshaften Oxford!

Als wir uns vor kurzem für unseren Podcast mit Joss Buchanan unterhalten haben, dem Direkor vom King William’s College, hat der uns eine wunderbare Geschichte über einen ehemaligen Schüler erzählt.

Es ging ums Thema außerschulische Aktivitäten am College und Joss hat sich dabei an Carl Luebert erinnert, einen Schüler aus Deutschland, der total verrückt auf's Fliegen war. Wir haben ja in unserem Porträt von King William’s schon erwähnt, dass die Schule gleich neben dem winzigen Flughafen der Isle of Man liegt. Carl hat sich sofort nach seiner Ankunft in der Schule für die dort angebotenen Flugstunden angemeldet und verbrachte von diesem Zeitpunkt an jeden Samstag damit, nach Belfast oder Liverpool zu fliegen.

Und was geschah ein paar Jahre später? Carl wurde Pilot! Aber es kommt noch besser. Als Carl zu seinem Jungfern-Flug bei British Airways das erste Mal am Steuerknüppel saß, sollte von London-Heathrow nach Belfast fliegen. So flog er über die Irische See und seine ehemalige Schule hinweg, das King William’s College. Das ist nur ein winzig-kleiner Fleck auf der Landkarte der Isle of Man, aber Carl merkte natürlich sofort, wie symbolisch dieser Moment für ihn war, machte ganz schnell vom Cockpit aus ein Foto vom College und schickte es an Joss, der viele hundert Meter unter ihm in seinem Büro saß!

Wir lieben diese Geschichte. Sie zeigt eindringlich, was für einen Einfluss ein gutes, britisches Internat auf den Werdegang eines Schülers haben kann.

Wir haben natürlich gleich Kontakt zu Carl aufgenommen und ihn gefragt, welchen Einfluss die Schule auf seine berufliche Laufbahn hatte…

King William's, vom Meer aus gesehen

Wie hat King William’s Ihren Berufsweg geprägt?

Ich wäre ganz sicher nicht da, wo ich mich jetzt befinde, wenn es der Schule ausschließlich darum gegangen wäre, mir bloß eine exzellente akademische Ausbildung zu bieten. Schließlich ist sie ja stolz darauf, allen Schülern dabei zu helfen, ihr jeweils spezielles Potenzial zu entdecken. Und genau das ist bei mir passiert.

Ich war Mitglied im Mancs Flyers geworden und hatte dort ein paar Piloten von Cathay Pacific getroffen. Als die mir von ihrer Arbeit erzählt haben, wurde mir klar, dass auch ich genau diesen beruflichen Weg einschlagen wollte. Ich habe also mit schöner Regelmäßigkeit samstags immer zu Joss Buchanan gesagt: “Sir, ich fliege heute nach Liverpool und bin heute Abend zurück!“

In Deutschland hatte ich den Medizintest für Piloten nicht geschafft, weil ich farbenblind war. Aber auf der Isle of Man habe ich über Freunde jemanden getroffen, der mir von der Möglichkeit erzählte, am Flughafen Gatwick einen Pilotentest der britischen Luftfahrtbehörde machen zu lassen. Dort hatte man offenbar neue Test-Methoden entwickelt.

Ich bin also etwa zwei Wochen vor meiner IB-Prüfung nach Gatwick gefahren und hab dort den Test gemacht – und tatsächlich bestanden. Man könnte also sagen, dass ich genau zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war. Aber in Wirklichkeit wäre ich ohne King William’s und den Fliegerclub dort natürlich niemals so weit gekommen.

Der kleine Flughafen der Isle of Man ist ein 12-minütiger Fußmarsch vom College!

Können Sie sich noch daran erinnern, wie das war, als Sie damals von Deutschland weggingen und im College anfingen?

Das war im Jahr 2001, ich war gerade 16 geworden und ziemlich sauer auf das deutsche Schulsystem. Deshalb wollte ich unbedingt ins Ausland. Zwei Jahre vorher hatte ich aber in Deutschland schon mit Segelflugstunden angefangen – und landete in King William’s natürlich in der perfekten Schule für so ein Hobby.

Ich habe mich also für drei Wochen Probezeit im College angemeldet und war schlicht und einfach überwältigt von allem, was ich dort innerhalb kürzester Zeit erfahren habe. Das fing an mit dem Internatsleben an sich, mit dem Gemeinschaftsgefühl und natürlich auch mit der Atmosphäre in einer komplett internationalen Umgebung…Mein Englisch war zu diesem Zeitpunkt sehr mittelmäßig, aber sie haben mich mit einem Schüler zusammengebracht, der so wie ich verrückt aufs Fliegen war. Mit dem habe ich den ganzen Tag in meinem miesen Englisch über Flugzeuge geredet – und, man höre und staune – sprach nach zwei, drei Wochen tatsächlich praktisch fließend Englisch und hatte nie wieder irgendwelche Probleme mit der Sprache.

Joss Buchanan war damals nicht nur mein Geschichtslehrer, sondern auch mein Hausvater. Wenn ich mit irgendeinem Stoff nicht zurechtkam, dann hat er abends einfach bei mir angeklopft und sich erkundigt, was ich denn wohl für Probleme mit diesem oder jenem Aufsatz hätte. Ich hatte ständig das Gefühl, dass er immer das Beste aus mir herausholen wollte – ein Gefühl, das ich so noch nie erlebt hatte.

Hat das College Sie noch in anderer Hinsicht beeinflusst?

Irgendwie hat die Schule es geschafft, dass ich viel selbstbewusster wurde und gelernt habe, stolz auf mich zu sein. Ich war mit einem Mal für mich selbst verantwortlich.

Und das hat mich bis heute geprägt. Wenn ich z.B. Vorstellungsgespräche bei British Airways führe, ziehe ich öfter mal Kandidaten näher in Betracht, die manche meiner Kollegen wahrscheinlich sofort aussortieren würden. Das ist typisch King William’s – jedem Menschen gebührt der richtige Platz im Leben und es gibt sehr viel mehr entscheidende Kriterien bei der Beurteilung eines Menschen als bloß seine akademische Leistung. In King William’s lernst Du, was Gemeinschaft bedeutet und wie man seine eigene Persönlichkeit entwickelt. Es ist eine Schule, die mit aller Kraft darum bemüht ist, sich mit jedem einzelnen Schüler ausführlich zu beschäftigen und ihn zu fördern. Kann man von einer Schule mehr erwarten?

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